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40 % der Fische im Teich sind Tiere und Statistik ist ein Hund

Statistiken werden genutzt, um Zusammenhänge und Sachlagen zu be- und widerlegen. Die schwankenden Qualitäten von selbst Statistiken sind eine Sache – Statistiken lesen und interpretieren zu können die andere. Auch meine werte KollegInnenschaft aus dem Journalismus (selbst die, die sich dem Datenjournalismus verschrieben haben) hat damit mitunter Probleme. Dabei ist die Sache so schwierig auch wieder nicht. Hier kommt Hilfe!

Acht Irrtümer und Tipps zum Interpretieren von Statistiken

Anteile lassen sich nur in eine Richtung lesen

Ein fiktives Beispiel über einen Teich. Eine Zählung der darin befindlichen Tiere hat ergeben: 40 % der Tiere im Teich sind Fische. Umgekehrt gilt jedoch nicht: 40 % der Fische sind Tiere.

Was wären die anderen 60 % der Fische? Bauwerke? Nein, 100 % der Fische sind Tiere.

Plus 40% oder plus 40 Prozentpunkte?

Ein Irrtum, der regelmäßig bei Wahlsendungen zu hören ist, auch, wenn es dort nicht um kleine Fische geht: Angenommen, der Fisch-Anteil in unserem Teich hat sich in einem Jahr von 40 % auf 80 % erhöht. Das ist eine Steigerung um 100 %, weil 80 doppelt so viel wie 40 ist. Es ist NICHT eine Steigerung um 40 % (weil 80-40=40). Es ist eine Steigerung um 40 Prozentpunkte. Alles so weit klar?

Die Scheinkausalität: Nein, der Storch bringt keine Babys

Beobachtung Nr. 1: Im Frühling kommen die Störche aus dem Süden zurück. Beobachtung Nr. 2: Im Frühling werden mehr Babys geboren. Bedeutet das, dass es einen Zusammenhang zwischen der Ankunft der Störche und der Geburt von Babys gibt? Nein, das sind Ereignisse, die zufällig zeitgleich passieren.

Das kleine Kind vor der roten Ampel

Noch ein Beispiel für einen Scheinzusammenhang: die kleine Anna hat es ziemlich eilig, zu ihrer Freundin Lisa zum Spielen zu gelangen. Sie rennt zu Hause los, bei der roten Ampel wartet sie brav, wie sie es gelernt hat. Weil sie es aber kaum erwarten kann, endlich zu ihrer Freundin zu gelangen, wird sie selbst aktiv: Sie macht die Augen fest zu und sagt immer wieder leise vor sich hin: „Ampel, werde grün, werde grün!“. Und siehe da: Als die die Augen wieder aufmacht, ist die Ampel grün.

Natürlich gibt es keinen Zusammenhang zwischen ihrem „Ampel, werde grün, werde grün!“ und der tatsächlichen Ampelschaltung, auch wenn es für sie so aussieht.

Die induktive Weihnachtsgans

Induktion bedeutet, dass man von Einzelereignissen auf allgemeingültige Regeln schließt. Im Alltag kann diese Denkweise durchaus Sinn machen, beim Finden von größeren Zusammenhängen ist der induktive Schluss allerdings problematisch, wie das Beispiel der induktiven Weihnachtsgans zeigt.

Weihnachtsgans Erna hat ein schönes Leben: Im Stall ist es warm, die anderen Gänse sind nett und der Bauer bringt leckeres Fressen. Jeden Tag. Also denkt Erna, dass das es ein Universalgesetz ist, dass jeder Tag so abläuft. Am Tag vor Weihnachten wurde sie eines Besseren belehrt. Mahlzeit, Trugschluss!

 „Verdoppelt“ ist doch voll viel, oder?

Ist das nicht eine tolle Headline: „Epidemie-Gefahr: Mysteriöse Krankheit auf dem Vormarsch, Krankheitsfälle verdoppelt!“. “Verdoppelt” klingt nach viel, allerdings sollte man sich die Zahlen genauer ansehen. Haben sich die Fallzahlen von zwei auf vier erhöht, ist das klar eine Verdopplung und trotzdem sind es nur Einzelfälle. Waren im Vormonat 15 % erkrankt, ein Monat später schon 30 %, ist etwas Nervosität angesichts einer nahenden Epidemie durchaus angebracht.

Die Stichprobengröße!

Komplizierte Angelegenheit, aber der Hausverstand hilft beim Einschätzen der  Qualität einer Untersuchung.

Wenn ich etwas erfahren will über eine große Gruppe Menschen (zB alle in einem Land), dann muss ich schon ein paar Leutchens befragen, um ein einigermaßen aussagekräftiges Ergebnis zu bekommen. Beispiel: Wir wollen wissen, wie viele Menschen in Europa (ca. 800 Millionen – unsere Grundgesamtheit) rote Haare haben (Voruntersuchungen lassen erwarten, dass das nicht viele sind). Mit 100 Befragten werden wir kein brauchbares Ergebnis bekommen.

Oder, unlängst in der Fernsehwerbung: Acht von zehn Frauen sagen: die Antifalten-Creme wirkt. Das Kleingedruckte: Wir haben zehn Frauen zwei Wochen die Creme testen lassen, acht davon haben am Ende der Testperiode gesagt, dass sie mit der Creme „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ waren. Mit Statistik hat das nichts zu tun: zu kurz, zu wenige Probandinnen, durch und durch unprofessionell.

Die Schwankungsbreite!

Selbst die beste Statistik ist nicht 100 % genau. Wenn Ergebnisse sehr knapp zusammen liegen, macht eine Reihung keinen Sinn. Beispiel: Umfragen zur Beliebtheit von PolitikerInnen. Wenn Frau A bei 86% liegt, Herr B bei 85 % und Frau C bei 83,5%, lässt sich daraus nicht schließen, dass A beliebter als B und B beliebter als C ist. Sie liegen statistisch gleich auf. Ein saubere Wahlumfrage gibt Zuverlässigkeit und Schwankungsbreite an, daher immer auch das Kleingedruckte lesen!

Die Headline, werte KollegInnen, die Headline!

Fiktives Beispiel: Eine Untersuchung hat ergeben, dass 80% der Autos, die in tödliche Unfälle verwickelt sind, silberfarben sind, nur 1 % ist pink. Eine schlechte Headline: „Todesfalle silber – am sichersten sind pinke Autos!“ Vermutlich gibt es schicht insgesamt viele silberfarbene und wenige pinke Autos – so auch bei Verkehrsunfällen.

Noch ein fiktives Beispiel: Eine Auswertung von Verletzungen durch Tierbisse hat ergeben: 80 % der Pferdebisse betreffen Mädchen unter 20 und 60 % der Hundebisse betreffen Männer über 40. Eine schlechte Headline: „Pferde essen gerne kleine Mädchen, Hunde bevorzugen Männer.” Das Ergebnis liegt natürlich nicht an den Geschmacksvorlieben der Tiere, sondern wohl eher an der Gelegenheit zum Zubeißen.

Ein Witz!

Kleine Scherze bringen Freude ins Leben, also erzähle ich euch heute einen Witz. Ein Mann geht die Straße entlang, alle paar Meter macht er einen Freudensprung und klatscht in die Hände. Eine Passantin fragt ihn: „Was machen Sie denn da?“. Der Mann antwortet: „Das hält mir die Löwen vom Leib, so bin ich sicher.“ Die Frau daraufhin: „Aber hier gibt es doch gar keine Löwen!“. Der Mann: „Na bitte, da haben Sie’s!“

Die Moral von der Geschichte: Statistik ist ein Hund. Darum: Schau genau!

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